Untersuchungshäftling hat Anspruch auf Sozialleistungen

Einem Untersuchungshäftling steht ein Anspruch auf eine höhere Hilfe zum Lebensunterhalt zu, wenn das in der JVA gezahlte Taschengeld nicht das soziokulturelle Existenzminimum abdeckt.


Vorab: Untersuchungshäftlingen ohne eigene finanzielle Mittel kann ein sogenanntes Taschengeld gewährt werden. Denn durch die JVA ist regelmäßig nur das existentielle Minimum gesichert, wohingegen das Taschengeld zur Anschaffung von Utensilien des persönlichen Bedarfs dienen soll. Dabei geht es weniger um ein "verhätscheln" der Inhaftierten sondern mehr um die Aufrechterhaltung eines sozialen und kulturellen Minimums innerhalb der ohnehin schon schwierigen Vollzugssituation.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt wurde einem Untersuchungshäftling ein Taschengeld in Höhe von 36,40 Euro im Monat durch den lokalen Sozialleistungsträger gewährt. Diesen Betrag als zu gering wertend zog er erfolgreich vor das Sozialgericht.

Das Gericht urteilte, dass dem Gefangenen rund 62 Euro im Monat gewährt werden müssen. Zur Begründung führte es aus, dass der ursprünglich gewährte Betrag nicht ausreicht um die Kosten für Telekommunikation und Nachrichtenübermittlung (Briefmarken, Schreibutensilien usw.) zu decken. Auch zusätzliche Bedürfnisse des täglichen Lebens könnten von diesem Betrag nicht in einem angemessenen Umfang erworben werden (etwa Hygieneartikel). Auch ist in der JVA nur für die Hauptmahlzeiten gesorgt, wohingegen die Häftlinge zusätzliche Nahrungsmittel (Kaffee, Süßwaren o.ä.) selbst erwerben müssen. Vor diesem Hintergrund war es nach der gerichtlichen Auffassung außerhalb jeder Vorstellungskraft mit dem ursprünglichen Betrag ein soziokulturelles Minimum aufrecht zu erhalten.
 
Sozialgericht Schleswig, Urteil SG SL S 12 SO 176 11 vom 19.04.2013
Normen: § 7 SGB II
[bns]